Satirische Festreportage
Wolnzach, 11. August. Die Volksfesthalle bebte, als die Hallertau ihr neues Dreigestirn begrüßte. Im Rampenlicht: Königin Theresa I. von Oberpindhart, flankiert von Vize-Franziska aus Frickendorf und Prinzessin Anna aus Brunn. Drei Frauen, drei Dirndl, drei Kronen – und ein ganzes Jahr Regentschaft über den Hopfen.
Die Krönung
Die Zeremonie glich einem bayerischen Royal Wedding. 2.500 Gäste, gespannte Gesichter, ein Moderator, der den Spannungsbogen spannte wie ein frisch getränkter Hopfenbinder. Am Ende setzte sich Theresa durch – souverän, elegant und ohne dass beim Anstoßen die Krone verrutschte.
Hofstaat und Hofnarren
Zu den ersten Gratulanten zählten Bürgermeister, Verbandsvorsitzende und ein Dutzend weiterer Produktköniginnen – allesamt Damen, selbstverständlich. Denn es wimmelt in deutschen Landen von weiblichen Oberhäuptern: Apfelkönigin, Spargelkönigin, Milchkönigin, Honigkönigin, Rosenkönigin, Weinkönigin …
Pflichten der Majestät
Theresa wird nun für zwölf Monate die Hallertau repräsentieren. Das bedeutet: Lächeln, winken, anstoßen – von der Brauerei-Eröffnung bis zum Erntedank. Fachgespräche am Sudkessel? Eher selten. Dafür viel Kameraerfahrung, denn der Hopfen glänzt nicht von selbst.
Randnotizen aus dem Hofprotokoll:
* Amtssprache: Bayerisch mit Schaumkrone.
* Dresscode: Dirndl in Hopfengrün, Krönchenpflicht.
* Hymne: „Ein Prosit der Gemütlichkeit“.
* Wappentier: Die Maß.
Bärendienst an der Brauwirtschaft
Die Hallertauer Hopfenköniginnenwahl ist ein kulturelles Fossil, konserviert in einer Mischung aus Hopfenextrakt und Testosteron aus den 1950ern. Während Tanzbären längst aus dem Straßenbild verschwunden sind, stapfen hier jedes Jahr junge Frauen im perfekt geschnürten Dirndl mit hoffentlich frisch gezapfter Maß auf die Bühne – beäugt von einer Jury, die fest an das „so war’s schon immer!“ glaubt.
Bier – dieses demokratischste aller Getränke – wird so zur Geisel der Nostalgie. Statt über Vielfalt, Qualität und Zukunft zu reden, zwingt man es in einen Schärpenwettbewerb, bei dem die wichtigste Qualifikation das dekorative Tragen von Hopfenschmuck ist.
Die Hopfenkönigin ist wandelnde Bier-Reklame im Rückwärtsgang. Das Gesicht der Branche? Eher die letzte amtierende Tanzbärin, nur eben dekolletiert. Solange diese Nummer noch als »Aushängeschild« verkauft wird, bleibt das Bild vom Bier so verstaubt wie der Stammtisch im hintersten Eck der Vereinsgaststätte.
Es wäre höchste Zeit, den Tanz zu beenden. Bier ist zeitlos – und braucht kein Marketing aus dem Heimatmuseum.
PS: Wer über sinkenden Bierkonsum klagt, sollte sich vielleicht fragen, ob das auch am altbackenen Image liegt, das hier mit aller Gewalt am Leben gehalten wird.
Autorin: Birgit Rieber
Titelbild: wegro communications
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